Freitag, 21. August 2015

Das Gehirn verstaubt; Big City Life

2013-02-24 – 21:09:10

ich verließ Kolkata und machte mich auf die Reise. Ich war noch nie im Leben am Stück so lange und so weit übers Land gereist (2200 KM / 34 Stunden). Zuerst standen 26 Stunden von Kolkata bis Chennai mit dem Zug auf dem Plan. Da ich zufällig in Kolkata gelandet war, musste ich schon wieder viel zu spät ein Zugticket besorgen. Und so landete ich in der Klasse 4 oder auch Sleeper genannt. Hinzu kam, dass es nicht klar war, ob ich meinen Sitz teilen muss. Da fragt ihr euch sicherlich, wie soll das gehen, einen Sitz teilen?! Tja die Sitze sind quasi Liegeflaechen, tagsüber sitzt man und nachts kann man sich hinlegen. So teilte ich mein Bett in den ersten 2 Stunden mit einem jungen Inder, der sehr arm aussah. Er war, zusammen mit einer Gruppe von Kerlen in seinem Alter und einem älteren Typen unterwegs, der auf mich wie ein Zuhälter wirkte. Es schienen seine Arbeiter zu sein. Der junge wirkte ängstlich auf mich. Er war staubig und hatte nur ein dünnes Hemdchen an. Die Nacht war kalt und die Fenster in der Sleeperklasse, die nicht richtig zu gingen, verursachten an unseren sehr schlechten Gangplatz ordentlich Durchzug. Er kauerte sich in der Ecke der Liegefläche zusammen und ich versuchte halb liegend, halb sitzend, zu schlafen. Es war sehr kalt und auch mein Pullover half nicht ganz. Ich deckte mich und ihn zu. Als der Schaffner kam, sah er dass ich Touri bin und teilte ihm einen anderen Platz zu. Ich hab mich nicht gewährt, da er mit mir einen der schlechtesten Sitze hatte teilen müssen und nicht mal bisschen Englisch könnte. Vielleicht war ich auch ein bisschen froh, doch schlafen zu können. Am nächsten Tag verwandelte sich das Abteil in eine Art Zirkus. Der Zug hielt sehr, sehr oft und an jeder Haltstelle stiegen Straßenhändler, Bettler und andere Menschen, die versuchten irgendwie Geld zu machen, ein und aus. Darunter waren auch Transsexuelle. Ich verstand Tage später was sie machten. Ich dachte zuerst, sie würden sich selbst verkaufen, was mir in einem prüden Land wie Indien sehr merkwürdig vorkam, vorallem so offen. Aber ich erfuhr, dass Transsexuelle in der indischen Mythologie magische Kräfte zugesprochen wird. Sie können die Quältet der Sexualität der Leute beeinflussen. Na ja was soll ich sagen, nach ein paar Stunden fing der ganze Abteil an heftig nach Sch**** zu stinken und es war laut und es wackelte und rappelte. Ich verbrachte die erste Hälfte des Tages mit lesen, schreiben und meditieren. Nachmittags aber brummte mir langsam aber sicher der Schädel. Die Fahrt wurde aber angenehmer, da die Gruppe die um mich herum saß, aus sehr netten Leuten bestand; auch wenn man sich nicht verstand, teilten wir das Essen und regelmäßig ein Lächeln. Es hatte was von Knastbrüderschaft. Und die Landschaft war natürlich eine große Hilfe. Ich ließ mich von der Natur, von den Menschen, von den Tieren die aus dem Zug zu sehen waren und von dem Sonnenuntergang hinter den Palmen unterhalten. Am nächsten Morgen reiste ich noch 7 Stunden von Chennai mit dem Bus nach Bengalor. Ich war staubig, ich war dreckig, und dachte immer wieder eines: schmutzige Menschen sind traurige Menschen. Die warme Dusche in meinem Hotel war wie ein göttliches Geschenk, noch nie im Leben habe ich ein Bad so genossen.
Die letzten vier Tage verbrachte ich in dem Großstadt-Jungel. Abgesehen von einen der 4 Tage, den verbrachte ich in einer kleinen, schönen Stadt im Süden Namens Mysore. Ich versuchte ein wenig was davon zu sehen und darüber zu verstehen und verbrachte einen Abend mit einem Freund den ich in Deutschland kennenlernte. Ich versuchte natürlich weiterhin zu lesen, zu schreiben, zu meditieren und auf meinem Weg weiter zu kommen, aber ich merkte wie das hektische Großstadtleben meine Sinne betrübte und so schrieb ich heute auf eine Servierte beim Essen: Mein Gehirn verstaubt bei soviel Lärm!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen